Auslastung des Hundes

Ich schreibe hier nicht über strukturierte Auslastung in Form von Hundesport. Schließlich geht man dafür in einen Hundesportverein und wird dort angeleitet (oder leitet selbst an). Mich interessieren Formen von Auslastung und Beschäftigung, die man einfach so im Alltag nutzen kann, um den Hund zu trainieren. Bei Agility interessiert mich also nur das, was ich in Wald, Wiesen und Parks machen kann.

Arten der Auslastung

Alltagsagility

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Alltagsagility sind alle Aufgaben im Aufgabenkreis "Agility", die du dem Hund im Alltag gibst und geben kannst.

Agility heißt, dass du einen Hund zu einer Bewegungsaufgabe hinschicken kannst. Alltagsagility ist lediglich ein Container für die Aufgaben, die üblicherweise im Alltag zu finden sind. Den Hunde zu bäumen schicken, gehört in den Bereich der Alltagsagility, weil du (hoffentlich) regelmäßig Bäume findest. Ist deine Umgebung so gestaltet, dass du ständig auf Stofftunnel stößt, würde das auch in diesen Bereich gehören. Doch gewöhnlich ist dies nicht. Gewöhnliche Alltagssituation ist keine klar umgrenzte Menge von Aufgaben. Was für manchen Alltag ist, ist für den anderen vielleicht höchst selten.

Wir wollen also keine Begriffsphilister sein.

Den Hund zum Baum schicken

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Nachdem man dem Hund das Anfassen von großen Objekten auf Fingerzeig und auf kurze Distanz beigebracht hat, kann man beginnen den Hund nun auf große Distanzen zu schicken.

Mit Lëini hat das nur einige Monate gedauert, bis ich sie auf 5 Meter Distanz zu einem Baum schicken konnte. Ein dreiviertel Jahr, um sie auf 10 oder gar manchmal 20 Meter schicken konnte. Dafür musste es aber freiwillig nur wenig Bäume geben, sonst wusste sie nicht, ich sie schicke.

Daraus lässt sich aber eine wunderbare Sequenz bilden, um den Hund gerade auch im Alltag auf eine Weise auszulasten, die agilityähnlich ist.

Dazu sucht man sich am besten einige Bäume, die in einer bestimmten Beziehung zueinander stehen.

In einer Allee kann man den Hund zu einem Baum schicken und sofort in die andere Richtung laufen. Der Hund rennt zum anvisierten Baum, während man gleichzeitig in die andere Richtung rennt, sodass er nun die die addierte Distanz laufen muss. Aber du schickst ihn natürlich vor dich hin und kannst wieder zurückkehren.

Bei einer "Zweibaum-Allee" ist das leicht vorzustellen: Während dein Hund die volle Distanz zwischen den beiden Bäumen läuft, läufst du nur wenige Meter. Kannst du deinen Hund auf 10 Meter schicken, können die beiden Bäume 20 Meter voneinander entfernt sein. Wenn du dann nur 1--2 Meter läufst, um deinen Hund körpersprachlich zu motivieren und anzuleiten, rennst du nur ein 1/20 bis 1/10 der Strecke in der gleichen Zeit wie dein Hund. Nehmen wir an, du hast einen Superhund. Ein Greyhound kann bis zu 70km/h laufen, doch dein Superhund schafft 100km/h -- vielleicht wurde Gepard eingekreuzt. Selbst in diesem, sehr unwahrscheinlichen Fall müsstest du nur 5--10km/h laufen, während dein Hund mit 100km/h rast. Zur Einordnung 5km/h ist für einen gesunden Menschen mittleren Alters schnelles Gehen. 10km/h sind mittleres Joggen.

Wenn dein Hund sich auf dieses Schicken einlässt, kannst du ihn problemlos körperlich Auslasten, solange der Trieb deines Hundes groß genug ist. Aber wenn dein Hund nicht triebig ist, dann musst du deinen Hund ohnehin nicht auf diese Weise auslasten. Ihm reicht dann auch vielleicht, wenn er ein paar mal im leichten Galopp oder zügigem Trab ein paar Mal zwischen den Bäumen läuft und sich dann seine Belohnung abholt.

Geistig wird dein Hund durch die Auswahl ausgelastet. Besonders sind dann Baumgruppen geeignet. Du stehst in der Mitte, während um dich herum mindestens drei Bäume sind. Besser wären fünf bis sechs, die entsprechend weit auseinanderstehen. So muss dein Hund mehr rennen und kann besser erkennen, wohin du ihn schickst. Dein Hund rennt also zum Baum hin, während du schon ein paar Meter in Richtung eines anderen Baum gerannt bist. Dein Hund muss laufend den Baum anvisieren, aber auch auf dich achten, wohin du ihn schickst. Mit meiner Lëini muss ich das nur eine bis maximal anderthalb Minuten machen, obwohl sie triebig ist und Laune hat, etwas mit mir zu machen. Aber dann braucht sie auch erstmal ein paar Minuten Pause.

In einer Allee kann man diese geistige Auslastung auch erreichen, in dem Mann an einem Baum vorbeirennt oder auch an zwei. Macht man dies zufällig genug, kann man einen ähnlichen Effekt geistiger Belastung erreichen wie in einer Baumgruppe. Allerdings muss man dafür selbst als Mensch deutlich mehr Strecke zurücklegen und entsprechend fitter sein. Ich selbst mache das gerne, weil ich dann in meinem Alltag immer wieder kurze Ausdauerbelastungen einbauen kann. Schließlich sollte man sich selbst auch artgerecht halten und dazu gehört viel Bewegung. Wenn das sogar noch Spaß macht, umso besser. Auch wir Menschen brauchen Auslastung!

Eine große Einheit ist besser als mehrere kleine

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These: Anstatt über den Tag verteilt immer kleinere Belastungseinheiten einzubauen, ist es für den Hund besser, wenn er einmal am Tag völlig ausgelastet wird und ansonsten ruht.

Das heißt, anstatt morgens schon mal eine kleine Übungseinheit zu machen, Mittags eine Aktivität und dann Abends nochmal ein bisschen was, wäre es besser, wenn man morgens eine ruhige Runde dreht und dabei den Hund in Ruhe lässt, den Hund Mittags völlig auslastet und Abends wiederum eine ruhige Runde dreht. Bei "ruhiger Runde" spielt es keine Rolle, ob nun an der Leine oder nicht. Vielmehr geht es um den Modus.

Die Vorteile:

  1. So kann der Hund besser zwischen Ruhephasen und Phasen hoher Aktivität unterscheiden. Rausgehen und/oder Aufmerksamkeit bedeutet nicht, dass etwas passiert. Der Hund muss nicht spekulieren, besonders dann nicht, wenn es für ihn klare Zeichen gibt, wenn er aufdrehen darf (spezieller Ort, Runde oder auch mitgeführtes Trainingsgerät).
  2. Die Auslastung bewirkt mehr das, was sie bewirken soll: Anstatt dass man den Hund eher aufdreht, kann der Hund seine Energie einmal verbrauchen und ist dann in der Lage ruhig am Leben teilzunehmen. Natürlich gilt umgekehrt: Will man seinen Hund zu mehr Arbeitsbereitschaft bringen, kann man viele kleine Sitzungen über den Tag verteilen.
  3. Der Hund ist leichter in den Alltag zu integrieren. Schließlich schafft auch die Unterteilung für den Halter eine klarere Struktur. Einmal am Tag widmet man dem Hund seine volle Aufmerksamkeit. Den restlichen Tag erwartet man, dass der Hund folgt und sich eingliedert (was immer dass im speziellen Fall heißen mag).

Persönliche Erfahrung: Mir hat dieses Prinzip viel geholfen, die Belastung meiner Hündin zu steuern. Sie ist immer bereit etwas zu tun. Anfangs habe ich noch damit experimentiert, dass ich bei jedem Spaziergang wenigstens eine Kleinigkeit gemacht habe und die Belastung auch eher gleichmäßig verteilt. Als ich dazu übergegangen bin, fast ausschließlich Mittags mit ihr zu arbeiten, hat sich das positiv auf ihre Ausgeglichenheit ausgewirkt. Sie ist zwar am Anfang des mittäglichen Spaziergangs aufgedreht, das ist kein Wunder, doch den restlichen Tag ist sie wunderbar ruhig.

Ob sie darin vertraut, dass Auslastung kein "knappes Gut" ist, auch wenn wir relativ lange nur langweilig an der Leine gehen (Sonntagsspaziergang mit meiner Freundin) oder dem etwas anderes zu Grunde liegt, kann ich nicht sagen. Aber es wirkt. Wenn nicht gerade ein besonderer Außenreiz vorliegt (sie ist ein schwieriger Tierschutzhund), ist sie ruhig und ausgeglichen.

Offene Frage: Wie muss man dies für unterschiedliche Hunde modifizieren? Stonnie Dennis nennt drei Aspekte: Aktivität, Ausdauer, Erholungsrate. In welcher Konstellation müsste man dieses Prinzip ändern oder gar ignorieren?

Wann ist es hell genug zum Spazieren?

Die bürgerliche Dämmerung markiert den Zeitpunkt, ab dem man keine Taschenlampe braucht, wenn man mit dem Hund rausgeht.

  1. Die astronomische Dämmerung beginnt ca. 90min vor dem Sonnenaufgang. Man kann nichts sehen und braucht wahrscheinlich eine Taschenlampe. Im Osten beginnt der Himmel sich zu verfärben.1
  2. Die nautische Dämmerung beginnt ca. 60min vor Sonnenaufgang und endet 30min vor Sonnenaufgang. Es ist immer noch zu dunkel, um ohne Taschenlampe unterwegs zu sein.1
  3. Die bürgerliche Dämmerung beginnt ca. 30min vor Sonnenaufgang. Der Begriff kommt aus dem Militär und meint, dass jetzt der Normalbürger ohne Hilfsmittel (Taschenlampe) sehen kann.1

Knabberzeug

Knabberzeug ist auch Teil der Beschäftigung des Hundes. Siehe dazu: Knabberzeug